LeoLeo hat geschrieben:
… diesen schmucklosen Riegel
Es ist schon erstaunlich, welche Fehlgriffe sich Architekten bei Wiederaufbau oder Komplettrestaurierung von historischen Gebäuden erlauben und die Gesellschaft sowie verantwortliche Behörden zu akzeptieren bereit sind.
Kein vernünftiger Mensch würde es bei der Restaurierung eines Gemäldes von Rembrandt oder Rubens hinnehmen, wenn der Restaurator unten rechts in die Ecke noch ein Portrait von Mickey Mouse hinzufügt. Und kein ernstzunehmender Restaurator würde bei der Restaurierung eines alten Mercedes 300 SL viel Geld und Mühe in Originalteile stecken, um dann als Abschluss einen quietschbunten hypermodernen Kofferraumdeckel an den Oldtimer zu schrauben.
Aber bei Gebäuden ist das anscheinend alles kein Problem!
Das Neue Museum: Verhunzt! Es wurde teilweise der Putz weggelassen, um an die Kriegsschäden zu erinnern. Wozu?
Das Pergamonmuseum: Verhunzt! Es wurde die Simon-Galerie davorgesetzt, die Teile des Neuen Museums verdeckt. Ein liebloser Betonbau, der stilistisch überhaupt nicht zum historischen Ensemble passt.
Der einzige Architekt, der mit seinem Entwurf richtig lag, war der Chinese Pei, der hinter dem Deutschen Historischen Museum nach dem Abriss der zu DDR-Zeiten gebauten Magazine einen supermodernen, kreativen Neubau erschuf, der sich dennoch gut einpasst, weil er die Linien und Fluchten der umgebenden Gebäude aufgreift und fortführt.
Aber noch mal zum modernen Anbau des Stadtschlosses: Der Architekt hat sich selbst damit keinen Gefallen getan. Zum einen zeugt ein viereckiger Klotz mit viereckigen Löchern (für die Fenster) nicht gerade von besonders viel Einfallsreichtum, Kreativität und Inspiration, zumal diese hohen schlanken Fenster eine Modeerscheinung sind, die man jetzt überall bei Neubauten sieht und die irgendwann wieder verschwinden wird. Er stellt sich selbst also damit ein Armutszeugnis aus. Und es lässt den Betrachter auch zweifeln, ob der Architekt den Wert und Baustil historischer Gebäude überhaupt zu begreifen in der Lage ist. Ich denke, in Zukunft wird man solche Fehlgriffe genauso negativ bewerten, wie wir heute die schmucklosen Bauten aus den Fünfzigerjahren beurteilen, die damals die Verheerungen des Krieges wiederauffüllen und gleichzeitig stilistisch einen Bruch zur verschnörkelten Architektur der Kaiser- und Nazizeit darstellen sollten.
In hundert Jahren sind wir bestimmt schlauer!